Warum nicht Tiefrad? Damenrad klingt dämlich
Warum sagen wir nicht Tiefrad? Damenrad klingt dämlich im wahrsten Sinne des Wortes.
Der Begriff Damenrad klingt nicht nur dämlich, er ist auch nicht mehr zeitgemäß.
Er ist geradezu sexistisch. Das Wort dämlich stammt nämlich auch von Dame ab.
Überhaupt fahren in Berlin viele Männer sogenannte Damenräder und sind dabei nicht mal schwul.
Es ist an der Zeit Begriffe zu finden und zu nutzen die nicht nahe legen welches Geschlecht welches Fahrrad fahren soll.
Nicht nur Damenrad ist nämlich sexistisch auch das Wort Herrenrad ist es es. Dabei ist herrlich doch so ein positiv besetztes Wort – nicht zufällig.
Was Herren machten war nämlich wohlwollend zu begutachten während was Damen taten oft als dämlich verunglimpft wurde.
Vor etwa 25 Jahren fiel es mir zum ersten Mal auf. Warum hieß es Meine Damen und Herren? Warum nicht meine Herrinnen und Herren? Tja, weil eben die Herren herrschten.
Die Geschichte der Herren und deren Räder
Herrische Herrscher waren in der Tat meist Herren. Auch die Nazis waren Herren. Ja, sie waren sogar die „Herrenrasse“.
Dazu gehörten zwar auch die Frauen aber diese sollten vor Allem für Nachschub sorgen um die glorreiche Armee des „Dritten Reiches“ mit Kanonenfutter zu versorgen.
Wir haben noch viele „Errungenschaften“ aus der Nazi-Zeit:
- Autobahnen
- Meldepflicht
- Schützenvereine
Die Herrenrasse gibt es zum Glück nicht mehr aber die Herrenräder doch noch. Damenräder ebenso.
OK. Es geht nicht um Politik oder Geschichte. Zumindest nicht direkt.
Wir leben zum Glück in einer Zeit in der Frauen Herrenräder fahren und Männer Damenräder. Hurra!
Vor 30 Jahren wurde ich in der Schule noch total ausgelacht als ich mit einem „Damenrad“ zur Schule kam – dabei war der Rahmen nicht mal wirklich unten sondern nur in der Mitte.
Eine Zeit lang gab es sogar sog. TRM Convertible Tanks die aus einem Damenrad durch eine Art zusätzliches Rahmen-Element ein Herrenrad machten:
Do it Yourself Enthusiasten bauen diese immer noch oder wieder in Eigenregie. Die Foren sind voll von solchen Beispielen.
Das ist natürlich nur ein weiterer Vintage-Trend. Wir wollen nur die coolen Räder der Fünfziger aber nicht die erzkonservative Gesellschaft von damals.
Rahmen bestimmt nicht das Geschlecht
Jetzt geht es nur noch darum die Begriffe der Realität anzupassen. Ja, die Achtziger waren nicht so cool wie die Hipster es heutzutage gerne sähen.
Der Begriff Damenrad ist aber noch älter – mehr als 100 Jahre alt! Er stammt aus einer Zeit als die Damen noch fast gar nicht Rad fuhren und wenn doch dann lange Kleider trugen bis zu den Knöcheln.
Diese verunmöglichten ihnen den Aufstieg auf ein Rad mit einem „normalen“ Rahmen. Auf dem Pferd konnten sie noch seitlich sitzen. Das war züchtig.
Selbst als die Röcke dann kürzer wurden hielt sich das Damenrad denn nun ging es darum, dass den Damen nicht unter den Rock geschaut wird beim Aufsteigen oder fahren.
Ende der sechziger Jahre durften Frauen auch endlich Hosen tragen.
Jeans kamen in Mode. Mini-Kleidchen gab es zwar auch aber Frauen durften nun auch wortwörtlich „die Hosen anhaben“.
Nun war der Sinn des Damenrads eigentlich nicht mehr gegeben. Doch bis heute hält sich dieser dämliche Unterschied.
Damenräder vs Tiefeinstiegsräder
Es gibt inzwischen löbliche Versuche Damenräder entsprechend ihrer Funktion um zu benennen: Tiefeinsteigerrad ist etwa so ein etwas sperriger Begriff.
Das ist zwar schon nahe dran am Kern der Sache allerdings auch etwas zu geschlechtlich.
Müsste es dann nicht schon wieder Tiefeinsteigerinnen heißen oder neutral aber ebenso umständlich Tiefeinsteigende? Also warum nicht einfach abkürzen in Tiefeinstiegsrad?
Das Gegenteil wäre dann ein Hocheinstiegsrad. Zugegeben, es klingt immer noch etwas seltsam und unnötig aufgeblasen.
Vor Allem ist das Rad eben kein Auto. Wir steigen nicht ein, sondern stiegen höchstens auf, wie beim Pferd. Es also quasi ungenau bzw. gelogen.
Derzeit bezeichnet Tiefeinstiegsrad zudem oft ein Bike bei dem der Einstieg fast auf Bodenhöhe ist – also noch niedriger als beim sog. Damenrad.
Solche Räder dienen derzeit vor Allem Leuten die kein „normales“ Rad fahren können. Beim eben verlinkten Van Raam Balance ist der Einstieg noch unterhalb und auch vor der Kette.
Fahrrad XXL – deren Partner ich bin – macht das schon fast richtig. Alle Räder mit einem Rahmen der nur unten vorne und hinten verbindet sind als Tiefeinsteigerräder zusammengefasst. Ob da jetzt Frauen damit fahren dürfen als Einsteigerinnen?
Gibt es ein besseres Wort?
Es gibt vielleicht noch eine bessere Wortwahl. Ich würde ungern bis 2050 weiter von Damenrädern oder Herrenrädern sprechen – längst nachdem beide verschwunden sind.
Denn wo treffen wir heute noch Damen und Herren? Bei Retro-Events wie dem Tweed Run/Ride wo die Mode von vor 100 Jahren zelebriert wird.
Selbst wenn Damen und Herren noch ein gängiges Phänomen wären ist es doch unsinnig noch immer technischen Geräten Geschlechter zu zu schreiben.
Eher sollten wir sagen „Rockfahrrad“ oder „Hosenfahrrad“. Dann ist klar welche Kleidung dafür genutzt werden kann.
Wie viele vielleicht nicht wissen dürfen Männer auch Röcke tragen oder gar Kleider. Das hat nicht immer was mit Verkleiden oder Transgender etc. zu tun.
In Schottland und Ländern wie Saudi Arabien tragen sie sie seit eh je. Allerdings ist die Emanzipation des Mannes bei uns noch nicht überall so weit.
Auf Englisch heißen die Räder übrigens step-through bikes. Das ist doch ein gut umschreibender Begriff! Das auf deutsch direkt zu übersetzen wäre aber wiederum seltsam: Durchtrittsrad?
Oft ist die einfachste Lösung die beste. Warum nicht einfach Tiefrad sagen? Das Herrenrad wäre demgegenüber also ein Hochrad.
Dagegen spräche, dass nicht das ganze Bike tief oder hoch ist. Zudem wurde Hochrad historisch für die sog. Penny Farthing genutzt. Die Assoziation ließe sich zwar ändern aber
- es geht noch genauer
- ohne holprig zu klingen
- und Rad und Geschlecht zu vermengen:
Tiefrahmenrad und Hochrahmenrad! Damit wären sogar pedantische Typen zufrieden die Sprachwissenschaft im Studium hatten so wie ich. Für den täglichen Gebrauch wäre Tiefrad und Hochrad ausreichend.
[…] sind einige der Stichworte die mir dazu einfallen. Im Zweifelsfall genügt ein traditionelles Damen oder Herrenrad als solche Begriffe noch zeitgemäß […]
Das kann doch nicht Ihr ernst sein? Sie bestimmen die Herkunft von „dämlich“ falsch (statt nach Grimms Wörterbuch), kritisieren es und nutzen es dennoch im Wortbedeutungssinn? Ganz zum Schluss sagen Sie dann, Sie hätten Sprachwissenschaft im Studium gehabt.
Die Bezeichnung Dame hat ihren Ursprung im lateinischen Domina und dämlich im MHD toum (dunst)(nach den Grimms (http://dwb.uni-trier.de/de/)). Ich denke wir können uns darauf einigen, dass der Etymologie dort sicher Glauben geschenkt werden kann, weil sie nicht durch aktuelle gesellschaftliche Debatten aufgeladen ist.
Die Geschichte der Personenmeldung geht auch nicht auf die Nazis zurück. Selbstverständlich haben diese dazu auch Gesetze erlassen. Aber genauso wenig wie Reichsbürger sich darauf beziehen könne, dass ja noch „Nazi-Gesetze“ gelten und wir deshalb keine Verfassung haben (stark vereinfacht), kann man sich nicht hinstellen und sagen: „Meldepflicht“ ist eine „Errungenschaft“ der Nazis. Die Autobahn ebenso (https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesautobahn_555) oder Schützenvereine (https://de.wikipedia.org/wiki/Sch%C3%BCtzenverein#Geschichte). Ganz davon abgesehen, geht es darum in diesem Artikel nicht!
Statt sich um die ernstzunehmenden Begriffssperrigkeiten zu kümmern und der gerechtfertigten Kritik „Geschlechter-Zuschreibung“ durch Objektbezeichnung, wird mit jeder Menge Halbwahrheiten um sich geworfen und die „Nazi-/Gender-/Emanzipations-„Ferkel durchs Dorf getrieben. Und das, wie ich schrieb, sowohl im Titel des Beitrags, wie auch subtil bei der Verknüpfung von Saudi-Arabien und der „Emanzipation des Mannes“.
Ich vermisse hier übrigens allen voran eine saubere Begriffsdefinition: Mit welchem Rahmen Damen oder Herren fahren sei doch ihnen überlassen (was halt – berechtigt kritisiert – in der Vergangenheit gesellschaftlich nicht so einfach war). Wird ein Fahrrad doch eher zu einem Damenrad, wenn eine Dame das Rad fährt und umgekehrt. Vom Schwanenhals- und Diamantrahmen lese ich hier nichts. Jetzt kann man über die Verbreitung der Bezeichnung „Schwanenhals“ sicher streiten. Aber auch V-Rahmen hielte ich für logisch (V-Rad/Diamantrad) und deutlich weniger sperrig als „Tiefrahmen“.
Schade! Ich hatte mir einen schönen Beitrag erhofft und wurde bitter enttäuscht! Tiefrahmenrad und Hochrahmenrad wäre sicher keine schlechte Idee, wenn es nicht bereits Rahmenbezeichnungen gäbe und sich die Frage anschließt: Ist ein Trapezrahmenrad jetzt ein Hochrahmen- oder ein Tiefrahmenrad? Oder will man das Mittelrahmenrad?
Aber an sich ein tolles Blog! Danke! Auf Wunsch stehe ich gern für ein weiteres Zwiegespräch zur Verfügung. Viele Grüße
Tiefeinsteigerrad ist nicht Genderneutral genug, ich kann nicht mehr. Solche Artikel kann man nur schreiben wenn man echt gar keine Probleme hat.