Das ist kein Radweg

Bild: Radweg Ende

Wie oft habe ich das gehört:

Das ist kein Radweg

Rentner aller Altersstufen sind stets darauf bedacht das Gesetz durchzusetzen wenn es darum geht wo Radfahrer fahren dürfen. Weil ja die Radfahrer eine Gefahr sind für Leib und Leben, egal wie schnell sie fahren.

Da macht es auch kaum Sinn Statistiken anzuführen nach denen Radfahrer meist Opfer sind im Straßenverkehr. Es ist auch sehr selten, dass in tödliche oder andere schwere Unfälle passieren wo ein Radfahrer einen Fußgänger „überfahren“ hat.

Was mir heute jedoch passiert ist, spottet eigentlich jeder Beschreibung. Trotzdem werde ich meinen Hohn und Spott hier ausdrücken denn was bleibt mir übrig.

Ich war in Berlin Friedrichshain unterwegs, am Boxhagener Platz. Noch vor 10 Jahren war dies ein alternativer Bezirk doch inzwischen ist es ein Touristenparadies für Besucher aus dem In- und Ausland. Es ist zwar längst noch nicht so schlimm wie in Mitte wo Touristen die Radwege blockieren und wenn ich klingle einen Schock bekommen und mit einem Schreck im Gesicht zur Seite springen. Es geht aber offenbar in die Richtung.

Am Boxhagener Platz im ehemaligen Osten gibt es keinen Radweg. Der Platz ist eine kleine umzäunte Rasenfläche in der Mitte, daneben gibt es breite Bürgersteige die heute wie jedes Wochenende einen Markt beherbergen. Dann folgt die Straße die aus Kopfsteinpflaster besteht, nicht etwa aus Asphalt. Diese sind rutschig im Herbst und Winter. Da herrscht Tempo 50 und sie ist auch zu jeder Tages- und Nachtzeit hoffnungslos zugeparkt denn Touristen und Besucher kommen selten mit dem Rad. Dann folgt erst der eigentliche Bürgersteig, der recht eng ist. Auch hier gibt es keinen Radweg. Trotzdem stellen die Imbisse die es da gibt Bänke und teils Tische auf beide Seiten des schmalen Bürgersteigs.

Nun habe ich mich mit meinem Cruiser zwischen zwei solchen durchzwängen müssen. Auf beide Seiten saßen Leute die sich kein Stück zur Seite bewegten weswegen ich nicht wirklich gefahren bin sondern das Rad wie ein Laufrad für Kinder nach vorne brachte.

Statt aus dem Weg zu gehen der auch für Fußgänger eng wurde, ein Kinderwagen wäre da gar nicht durchgekommen habe ich mir diesen Spruch eingefangen von einem Mittzwanziger wohlgemerkt: Das ist kein Radweg

Ich bin ja schon eine Dekade weiter und konnte war echt baff. Meine erste Reaktion war:

Was bist Du denn für ein Spießer?

Meine zweite Reaktion war:

Ist das dein ernst?

Der Typ meinte es wirklich ernst. Dann fragte ich noch, ich war nur einige Meter von meinem Ziel entfernt:

Wenn ich da hin will, soll ich da lang fahren?

Seine lapidare Antwort war nur:

Auf der Straße.

Er war nicht allein da, seine befreundeten Bürgersteig-Besetzer wurden langsam mürrisch und ich vernahm so etwas wie eine vage Drohung von Gewalt. Ich sehe selbst nicht ganz wehrlos aus mit über 1,80 und dunklem Bartwuchs und ich riet dem jungen Spießer sein biologisches Alter überprüfen zu lassen da er klinge wie 50. Dann fuhr ich ein paar Meter weiter zu dem Laden zu dem ich hin wollte, ein Geschäft für Fairen Handel übrigens.

Ich musste mich aber innerlich noch eine Weile aufregen. Bis jetzt: Diese spießigen Provinzler landen in Berlin und wollen mich belehren wie ich zu fahren habe. Die Tatsache aber, dass mich quasi Jugendliche anpöbeln wie ich zu fahren habe, hat mich endgültig zum Zweifeln an der Zukunft dieses Landes gebracht.

Die Radwege in Berlin sind im bundesweiten Vergleich nicht besonders.

Die Stadt bevorzugt nach wie vor Autofahrer obwohl das als Verkehrskonzept längst gescheitert ist wie etwa im ZEIT Wissen Heft vom März/April steht.

Überall sollte Radweg sein, und Fußweg. Autos haben in Innenstädten nichts zu suchen.

  • Autos verstopfen Innenstädte
  • verschmutzen sie
  • machen sie unerträglich laut
  • und gefährlich für Kinder, Fußgänger und Radfahrer.

Selbst die rechtskonservative FAZ spricht sich für mehr und bessere Radwege aus. Ich fahre oft auf dem Bürgersteig, da wo kein Radweg ist den ich fahre auch mal im Auto mit und sehe wie gefährlich es eigentlich ist für einen Radfahrer. Wie knapp Autos an Radfahrern vorbeifahren.

Unter uns: Ich wette der Typ hat später dann auf der Autobahn mit 180 andere abgedrängt. Genau so verhalten sich solche Typen. Kein Verständnis für schwächere Verkehrsteilnehmer aber sich selbst aufspielen. Und nein, ich erschrecke keine Senioren oder Mütter mit Kindern auf dem Bürgersteig. Ich schwebe gemächlich auf meinem Cruiser.